1/25 – TRIGLAV

Schnee im September

Eine Woche durch den Triglav-Nationalpark

Slowenien also.
Nachdem uns in den Vorjahren die Dolomiten und die Ausläufer der österreichischen Alpen durch ihre Schönheit und Vielfalt begeistert hatten, sollte es dieses Mal ein Stück weiter südlich gehen – dorthin, wo sich die Julischen Alpen mit ihrer reichhaltigen Flora und Fauna erheben und der Triglav-Nationalpark seinen ganz eigenen Zauber entfaltet.

Wir – das waren Gabi, Sebastian und ich aus dem Aachener Raum, Tine aus Frankfurt und Albrecht aus Wien – kannten uns bereits durch frühere Bergwanderungen in unterschiedlichen Konstellationen. Unsere diesjährige Route sollte uns von Bovec im Westen in einem weiten Bogen südlich um das Triglav-Massiv führen, mit dem Gipfel des Triglav als optionaler Krönung, sofern Wetter und Beine mitspielten. Als Ziel hatten wir den idyllischen Bleder See im Osten gewählt – ein sanftes Finale nach hoffentlich erfüllenden Tagen in den Bergen.

Ljubljana – Ein gelungener Auftakt

Als Treffpunkt hatten wir uns für das schmucke Ljubljana entschieden, wo wir, aus verschiedenen Himmelsrichtungen anreisend, bei spätsommerlich freundlichem Wetter unsere Gruppe zusammenführten und uns in entspannter Atmosphäre auf das bevorstehende Abenteuer einstimmten.

Die slowenische Hauptstadt empfing uns mit mediterranem Flair, einem lebhaften Stadtbild und dem schönen Fluss Ljubljanica, dessen von Jože Plečnik gestaltete Uferpromenaden und pittoreske Brücken zahllose Gelegenheiten zum Verweilen boten. Auch eine Bootsfahrt und ein Besuch der über der Altstadt thronenden Burg durfte nicht fehlen. So verbrachten wir zwei angenehme Tage in urbaner Umgebung, bevor es in die Natur ging.

Etappe 1: Nasser Auftakt im Soča-Tal

Am Sonntagmorgen nahmen wir den Bus nach Bovec – einem kleinen Ort im Soca-Tal, der sich als Ausgangspunkt für unsere Unternehmung hervorragend eignete. Geplant war, dem smaragdgrünen Flusslauf der Soča flussaufwärts nach Trenta zu folgen – eine Etappe, die bei Sonnenschein zweifellos ein landschaftlicher Hochgenuss gewesen wäre. Stattdessen: Dauerregen.

Nach dem Frühstück und vergeblichem Warten auf ein Wetterfenster machten wir uns dann auf den Weg; kurze Passagen der mehr als 25 km langen Strecke überbrückten wir mit dem Bus. Die Strecke führte durch dichte, moosbedeckte Wälder und über teils glitschige Pfade, selten konnten wir einige Kajakfahrer entdecken, die sich trotz der Bedingungen ins Wasser gewagt hatten.

Gegen Abend erreichten wir durchnässt, aber zufrieden unsere erste Unterkunft – eine sympathische Hütte nahe der Soča-Quelle. Diese war über einen schmalen, stellenweise seilversicherten Pfad zu erreichen, und wir waren beeindruckt, mit welcher Wucht das Wasser aus den Felsen hervorströmte.

Sebastian, der sich an diesem Tag konsequent zu Fuß fortbewegt hatte, kam erst zu später Stunde bei Dunkelheit an, gerade noch rechtzeitig, bevor die Küche zumachte.

Etappe 2: Aufstieg zur Zasavska koča

Am folgenden Morgen hatte sich das Wetter beruhigt, und wir brachen frohen Mutes auf – das nächste Etappenziel war die Zasavska koča, eine Berghütte auf rund 2.000 Metern Höhe, im Südwesten des Triglav-Massivs gelegen. Das Höhenprofil der Etappe zeigte einen gleichmäßigen Anstieg über 1.500 Höhenmeter, wie mit dem Lineal gezogen. Der Aufstieg führte uns zunächst durch bewaldetes Gelände, das sich mit zunehmender Höhe in felsige Karstlandschaft verwandelte.

Unterwegs zeichnete sich ab, dass Tine’s Rucksack nicht richtig passte; sie entschloss sich schließlich, die Tour hier zu beenden und nach gemeinsamer Verabschiedung einem alternativen Reiseprogramm zu folgen.

Oben angekommen, genossen wir die Weite des Panoramas, ein kühles Radler und nicht zuletzt die Gesellschaft einer Gruppe Steinböcke, die sich in der rauen Umgebung sichtlich wohlfühlten. Die Hütte selbst war schlicht und ohne Waschgelegenheiten, aber gemütlich – mit Preisen, die uns gelegentlich an die Höhenlage erinnerten.

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Etappe 3: Tal der Sieben Seen und die Entscheidung gegen den Gipfel

Die nächste Tagesetappe führte uns durch das sagenumwobene Tal der Sieben Seen weiter in Richtung Triglav. Die Landschaft wurde zunehmend karger, die Felsen schroffer – doch die Vielfalt der Tierwelt überraschte uns immer wieder: Schwarze Alpensalamander kreuzten gelegentlich unseren Weg und wohlgenährte Murmeltiere warnten lautstark vor unserer Ankunft.

Gegen Mittag zogen erneut Wolken auf. Es begann zu regnen, die Temperaturen fielen – ein Wetterumschwung, wie er im Gebirge schnell zur Herausforderung wird. In der Doliču-Hütte legten wir eine Rast ein und berieten uns. Der Wetterbericht ließ keine Zweifel: anhaltender Regen, Schnee in der Höhe, schlechte Sicht. Für eine Besteigung des Triglav unter winterlichen Bedingungen waren wir nicht gut genug ausgerüstet und wollten nichts riskieren.

Statt zur hochgelegenen Planika-Hütte umzuschwenken, buchten wir kurzerhand Betten in der tiefer gelegenen Vodnikow-Hütte – ein pragmatischer Entschluss, den wir später noch mehrmals bestätigen sollten. Der Abend dort war gesellig und entspannt; bei deftiger Hüttenküche und angeregten Gesprächen verbrachten wir eine gemütliche Zeit hinter den Mauern der Ende des 19. Jahrhunderts erbauten und nach dem slowenischen Dichter Valentin Vodnik benannten Hütte.

Etappe 4: Regen, Biwak und Schneefall

Am nächsten Morgen brachen wir in Richtung Beljska koča auf. Der Weg führte größtenteils auf etwa 1.800 Metern Höhe entlang eines Höhenzugs, mit vereinzelten steileren Passagen. Wieder bewegten wir uns durch dichte bewachsene Regionen – ein Terrain, das uns an die Präsenz slowenischer Braunbären erinnerte. Hinweise am Wegesrand gaben Anlass zu Spekulationen, doch letztlich erwies sich das Pfefferspray, das ich aus Gewichtsgründen zu Hause gelassen hatte, zum Glück als entbehrlich.

Bald wurden unsere Gedanken ohnehin von anderem abgelenkt: Der Regen nahm zu, die Kälte kroch unter die Kleidung. Nach etwa vier Stunden erreichten wir die Hütte – nur um festzustellen, dass der Einlass erst ab 15 Uhr erfolgen würde. Durchnässt, frierend und dem Wind ausgesetzt, schlüpften wir kurzerhand in unsere Biwaksäcke, um die Zeit zu überbrücken.

Als sich endlich die Tür öffnete, erwarteten uns heißer Kaffee, köstlicher Topfenstrudel und ein beheizter Gastraum. Später trudelten noch weitere Wandergruppen ein – bis schließlich jeder Wandhaken zum Trocknen genutzt wurde und der Hüttenboden zwischenzeitlich, wie eine große Pfütze aussah. Draußen war der Regen mittlerweile in Schneefall übergegangen, der Wind heulte ums Haus. Am nächsten Morgen lagen gut 30 Zentimeter Neuschnee.

Etappe 5: Abschied vom Hochgebirge

Nach einem ausgiebigen Frühstück packten wir uns warm ein und machten uns auf den Weg in Richtung Bleder See. Der Juliana-Trail, einer der bekannten slowenischen Fernwanderwege, führte uns durch dicht bewachsene Nadelwälder, wobei der Schnee ab etwa 1.500 Metern Höhe allmählich verschwand und die Wege sich weiteten. Das Gehen wurde leichter – und mit dem klarer werdenden Himmel stieg auch unsere Stimmung.

Ein letztes landschaftliches Highlight erwartete uns mit der Pokljuka-Schlucht – die ca. 2km lange und bis zu 50m tiefe Trockenklamm mit ihren natürlichen Felsbrücken, Höhlen und Engstellen war ein eindrucksvolles Erlebnis.

Kurz darauf kam der Bleder See in Sicht – und mit ihm das wohlverdiente Kontrastprogramm. Wir gönnten uns ein Spa-Hotel direkt am Ufer und konnten dort nicht nur unsere Kleidung trocknen, sondern auch unsere müden Beine im warmen Wasser entspannen.

Abreise mit Umwegen

Der letzte Tag stand im Zeichen der Heimreise – und kleiner logistischer Überraschungen: Aufgrund von Hochwasser im Alpenraum fielen einige Zugverbindungen aus. Nach einem Zwischenstopp in Villach und etwas Improvisation gelangten wir schließlich alle wohlbehalten nach Hause.

Und der Triglav? Der bleibt – vorerst – unbestiegen. Aber ganz sicher nicht vergessen.

Tour: Durchquerung Triglav-Nationalpark 2024

Die Tour ist über komoot unter diesem link abrufbar

Text: Philip Spahr
Fotos: Philip Spahr und Albrecht Emmerich