
Über das Reisen
Man reist nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen.
Johann Wolfgang von Goethe
Aktuell wird viel diskutiert, Reisen und Klimaschutz geht denn das? Sicherlich möchte nicht jeder – zumindest nicht ausschließlich – zu Fuß mit Wanderzelt die Eifel erkunden, selbst wenn das eine reizvolle Reise wäre. Andererseits, wir erinnern uns an die Covid-Zeit, wären die Eifler sicher nur mäßig erfreut, wenn plötzlich Horden von Reisenden die Eifel durchqueren, von der fehlenden Infrastruktur für so viele Wanderzelte mal ganz abgesehen.

Viele Menschen zieht es in die Ferne. Mal den Cerro Torre live sehen, eine Trekking Tour im höchsten Gebirge der Welt unternehmen, eine Wüste durchqueren oder einfach nur eine neue Gegend kennenlernen und den eigenen Horizont erweitern.
Ist weites Reisen noch möglich, darf ich von meinen Reisen überhaupt noch erzählen?
Es ist schade, dass die letzte Frage vor dem Hintergrund plakativer Statements, die sich vordergründig erst mal gut anhören, überhaupt gestellt werden muss.
Wir sprechen hier nicht von Pauschalreisen, bei denen Touristen durch sehenswerte Orte geschleust werden, voll versorgt vom Veranstalter, ohne je wirklichen Kontakt zum Reiseziel zu bekommen.
Es geht um die hauptsächlich selbst organisierten Reisen, bei denen man mit Land und Leuten in Kontakt kommt. Das Ziel mehr erläuft als „erfährt“. Derartige Reisen werden meist ausführlich geplant, durchdacht und vorbereitet.
In der Satzung des DAV steht doch sehr deutlich etwas von „… Durchführen von Expeditionen …“ Damit sind nicht nur Fernreisen zum Zweck der Besteigung irgendeines „Weltberühmtberges“ gemeint.

Reisen macht einen bescheiden. Man erkennt, welch kleinen Platz man in der Welt besetzt.
Gustave Flaubert
Sicher sollte man sich dreimal überlegen, ob es die Flugreise sein muss und sicher ist „mal eben für ’n Wochenende nach Malle“ nicht der richtige Weg, aber monatelang durch ein Land zu reisen ist leider das Privileg Weniger. Wie immer liegt der Weg dazwischen und muss von jedem Einzelnen für sich entschieden werden.
Viele Reisende unseres Vereins halten den Umwelt- und Naturschutz für sehr wichtig, haben sowohl in ihrem Alltag als auch beim Reiseverhalten schon einiges verändert. Wenn das ALLE machen würden, wäre das ein großartiger Schritt.
Was aber wäre, wenn wir ganz auf das Reisen in fremde Länder verzichten würden? Mal ganz abgesehen davon, dass die heimischen Küsten schon jetzt in den Sommerferien fast unbezahlbar und die Alpen an einigen Orten völlig überfüllt sind, gibt es noch anderes zu bedenken.
Viele Regionen und viele Länder sind wirtschaftlich auf den Tourismus angewiesen, gar von diesem abhängig. Wenn keine Touristen mehr Geld ins Land bringen, versagt die Infrastruktur. In Marokko beispielsweise wird im Atlas deshalb mehr in Basisinfrastruktur, wie Erreichbarkeit der Dörfer, Müllentsorgung, medizinische Versorgung, Schulen usw. investiert, weil Wandertouristen in diese Region reisen.
Auf Kuba sind Touristen eine wichtige nicht zensierte Nachrichtenquelle. In Regionen Afrikas, Südamerikas und Asiens kann man die Menschen deshalb vom Schutz der Umwelt und zum Artenschutz überzeugen, weil mit dem Tourismus ebenso Geld zu verdienen ist, wie mit dem Abholzen des Regenwaldes und Tiersafaris ebenso für Einkommen sorgen, wie Tiere zu erschießen.

Das Red House von Robert Peroni in Ostgrönland ermöglicht es den Inuit Arbeit zu finden und die Möglichkeit, Arbeitsfelder der „modernen Welt“ zu entwickeln. Die Ostgrönländer freuen sich über Besucher und sind stolz ihre Traditionen so weiterleben zu können. Anderenfalls würde sich die junge Generation nach Dänemark orientieren (müssen).
Ein weit verbreitetes Vorurteil mancher ist: „Länder, die vom Tourismus abhängig sind, kümmern sich nur um den eigenen Profit“. Laut Umweltbundesamt arbeitet weltweit jede zehnte Person im Tourismus, auf den Philippinen beispielsweise macht die Tourismusbranche 25 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Trotz oder eher wegen dieser Abhängigkeit ergreifen immer mehr Länder Maßnahmen zugunsten der Umwelt. Die Philippinen z.B. haben das Inselparadies Boracay für Touristen gesperrt.
Dies oder vergleichbares gilt in zahlreichen Regionen rund um die Erde. Daher darf man nicht vergessen, Reisen in entfernte Länder zu unterlassen mag auf den ersten Blick nach Problemlösung aussehen, sorgt aber durchaus für neue Fragestellungen.
Überheblich ist die Meinung Weniger, dass Menschen auf anderen Kontinenten in traditioneller Lebensweise zu leben haben, damit wir im komfortablen Europa ein gutes Gewissen haben können. Mit dem Reisen kann man eben auch nachhaltige Projekte unterstützen und auf andere Weise etwas für den Schutz von Umwelt und Naturräumen tun. Unten findet ihr eine Sammlung mit weiteren Beispielen.



Es ist wie immer. Eine einfache Lösung gibt es nicht und einer pauschalen Verurteilung anderer sollte der Blick in den eigenen Spiegel vorausgehen.
Wir möchten weiter über eure Reisen berichten egal in welchen Gebirgen – oder Wüsten – ihr eure Erfahrungen gemacht habt und würden uns freuen, wenn unterschiedliche Meinungen in der Sektion Aachen nebeneinander Platz haben.
Hier einige Positivbeispiele – möglich durch den Tourismus
- Südafrika ist das erste Land, das verantwortungsbewussten Tourismus in seine politische Agenda aufgenommen hat. So haben immer mehr Unterkünfte ein Fair-Trade-Zertifikat und schaffen damit jedes Jahr mehrere tausend gerecht bezahlte Arbeitsplätze.
- Es gibt wohl kaum ein Land, das mit einem besseren Schienennetz erschlossen ist als Japan. Schon seit 1964 halten die Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge das Land ressourcenschonend und sicher mobil.
- Ruanda, das ökologische Vorbild Afrikas. Besonders in Sachen Artenschutz und Mülltrennung ist das kleine Land auf dem Vormarsch. Plastiktüten sind schon seit 2008 verboten.
- In Costa Rica sind 30 Prozent der Landesfläche als Nationalpark oder Schutzgebiet ausgewiesen. Damit schützt Costa Rica so viel eigene Fläche wie kaum ein anderes Land.
- Das Okonjima Nature Reserve in Namibia, finanziert sich dank der Gäste. Durch die Besucher können Leoparden und Geparden erhalten werden.
- Auf SaoAntao (Kapverden) können Kinder einen Kindergarten besuchen und dort alltägliche Dinge wie „an einem Tisch sitzen“ und „ein WC benutzen“ lernen, was sie aus ihren Dörfern nicht kennen.
- Das Red House auf Grönland, ist ein wichtiger Arbeitgeber für die Inuits.