INTERVIEW
Gespräch mit Lukas Berard
Lukas ist schon seit vielen Jahren in unserer Sektion und der JDAV engagiert. Als Jugendleiter hat er viele Gruppen geleitet und baut aktuell die neue Leistungsgruppe mit auf, zusätzlich ist er auch Landesjugendleiter. Ich habe mich mit Lukas getroffen und spannende Einblicke in seine Arbeit, seine Erfahrungen und seine Wünsche bekommen.
DAVON: Hallo Lukas, schön, dass du da bist. Wir kennen dich hauptsächlich in Verbindung mit der JDAV. Erzähl mal, wie bist du zur JDAV gekommen und warst du als Kind schon bei der JDAV?
Lukas: Ich habe mit 16 Jahren (2008) mit dem Klettern in der Jugendgruppe bei Nils Giesbertz, später dann bei Ramona Gilleßen, angefangen. Monika Cordes leitete zu der Zeit die Kindergruppe. Von Monika wurde ich irgendwann gefragt, ob ich die Kindergruppe unterstützen und helfen möchte. Ich wurde Jugendleiter und habe 2010 im Sommer die Ausbildung zum Jugendleiter gemacht. Mit der Zeit wurde ich immer mehr mit einbezogen und ich habe immer mehr Aufgaben übernommen. Die Kindergruppe wurde in zwei Gruppen aufgeteilt, in denen ich eine Zeit lang gleichzeitig Jugendleiter war. Später wurde dann noch eine dritte Gruppe, die Exen, aufgemacht, in der ich meine erste Gruppenleitung übernommen habe (ca. 2012). Aktuell habe ich mich etwas aus der aktiven Jugendleiterrolle zurückgenommen und andere Aufgaben übernommen, ich bin Landesjugendleiter und baue die neue Wettkampfgruppe der Sektion Aachen mit auf.
DAVON: Du hast also schon ganz schön viel Erfahrung als langjähriger Jugendleiter. Beschreibe uns doch mal die Tätigkeit eines Jugendleiter. Wo liegt dein Schwerpunkt?
Lukas: Wenn man aus der Ausbildung zum Jugendleiter kommt, ist man nicht fertig gebacken. Das macht es aus, man entwickelt sich ständig weiter und reflektiert sich ständig. Das ist für mich der Kern als Jugendleiter, die permanente Selbsteinschätzung und natürlich das Miteinander, man wächst zusammen und ist ein Team. Für mich war es immer wichtig Konstanz aufzubauen, das habe ich über die Jahre gelernt und versucht an andere Jugendleiter weiterzugegeben. Zum Beispiel einen gemeinsamen Anfang im Training. Es fängt damit an, dass alle pünktlich kommen und ein gemeinsames Ende fest etablieren. Das hat lange gedauert, dies durchzuhalten und bis es sich als Ritual festgesetzt hatte, aber der Erfolg kommt mit der Zeit.
DAVON: Du hast also schon sehr viel Zeit und Engagement in den Alpenverein eingebracht. Über deine aktuellen Ämter wollen wir gleich auch noch sprechen, jetzt aber nochmal zu dir. Du bist nicht nur Mitglied, sondern u. a. Jugendleiter, Trainer und sehr engagiert im Alpenverein, was machst du sonst gerne?
Lukas: Aktuell, wenn die Zeit es zulässt (lacht), gehe ich gerne Klettern, Wandern und Bergsteigen. Ich gehe gerne für mich allein ins Fitnessstudio und klettere gerne, da ich so etwas mit anderen zusammen mache. Der DAV ist großer Teil meines Lebens und ich habe mir da immer Sachen und Angebote herausgesucht, die ich gerne machen möchte. Ich bin beruflich ausgebildet in den Bereichen Maschinenbau und technischer Zeichner, also klassischer Ingenieurbereich, und habe gerade meinen ersten richtigen Vollzeitjob als Konstrukteur angefangen. Da hat der soziale Bereich einen nicht so hohen Stellenwert, daher war und ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein guter und wichtiger Ausgleich für mich.
DAVON: Das glaube ich, aber so viel Zeit bleibt da ja gar nicht für allzu viele private Aktivitäten im Kletter- und Bergsport. Wie hältst du bei so viel Engagement die Waage?
Lukas: Ja genau, es bleibt wenig Zeit. Die Arbeit mit den Kindern hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und es war ein Ausgleich für mich. Zu meinen Anfangszeiten waren wir wenige Jugendleiter, sodass ich jede Woche mehrmals in beiden Gruppen da sein musste. Das war einfach sehr viel. Es fühlte sich irgendwann mehr nach Pflicht an und hat nicht mehr so viel Spaß gemacht. Daher habe ich das danach auch nicht mehr so gemacht.
DAVON: Trotzdem bist du noch aktiv und fährst bei Jugendfahrten mit. Warum und wie ist das nach so vielen Jahren voller Verantwortung?
Lukas: Nachdem ich viele Jahre die Fahrten organisiert habe, konnte ich mich bei den letzten Fahrten etwas zurücknehmen. Ich bin weiter mitgefahren, aber ich habe doch einen deutlichen Unterschied gemerkt zu den Jahren davor. Denn Kinder reden nun mal viel, den ganzen Tag (lacht) und das kann auf Dauer auch anstrengend sein. Du hast viel Verantwortung und bist den ganzen Tag aktiv auf so einer Fahrt. Da konnte ich mich in letzter Zeit etwas zurückziehen und abends mal Zeit für mich nehmen, das ging die Jahre davor nicht und ich habe es auch den anderen Jugendleitern angemerkt, die jetzt in der Rolle der Organisatoren waren, dass die Tage schon anstrengend sind. Aber natürlich macht man auch viele tolle Aktionen mit den Kindern und das Miteinander ist sehr schön!
DAVON: Das heißt, wirklich weniger ist deine Tätigkeit nicht geworden, dein Aufgabenfeld hat sich nur etwas verändert und ganz konntest du dich auch nicht von der aktiven Arbeit mit Kindern im Klettersport trennen?
Lukas: Die Idee war eigentlich mit 30 und nach über 15 Jahren den Abschied in der JDAV zu machen (lacht). Trotzdem wollte ich mich weiter einbringen und ich mache gerne Computer-Zeug und Excel und so was. Da kann man natürlich in der Verwaltung viel machen. Außerdem bin ich Anfang 2023 zum Landesjugendleiter gewählt worden, da mich die Strukturen der JDAV auch über die eigene Sektion hinaus sehr interessieren und ich mich dort mit meinen Erfahrungen einbringen möchte.
Ja und dann kam die neue Wettkampfgruppe. Als sich Anfang des letzten Jahres die alte Wettkampfgruppe aufgelöst hat, bin ich parallel zu meinem Amt des Landesjugendleiters quasi in die Verwaltungsrolle für die neue Wettkampfgruppe reingerutscht. Zusätzlich habe ich meinen ersten Vollzeitjob als Konstrukteur angefangen, das alles miteinander zu vereinbaren ist sehr anspruchsvoll.
DAVON: Kannst du uns schon etwas von der neuen Wettkampfgruppe erzählen?
Lukas: Wir sind erst seit ca. zwei Monaten ein stabiles Trainerteam mit der entsprechenden Ausbildung und Erfahrung und können nun den nächsten Schritt machen und bald vielleicht neue Kinder aufnehmen. Bisher sind es elf Kinder zwischen ca. 9–11 Jahren. Wir trainieren zweimal die Woche, ein drittes Training wird aber auch noch überlegt. Das ist alles recht komplex, wir sind seit ca. anderthalb Jahren dabei die Gruppe aufzubauen und das geht nur mit ausreichend Trainern. Mittlerweile haben wir ein vielfältiges und starkes Trainerteam aufgebaut. Wir sind: Laurin Ebert, Silas Pollmann, Andreas Quentin, Jacob Stangier und ich, mit Unterstützung durch Finja Zimolong, Maarten Kuhlmann, Anna Jakob. Da kann man sich auch mal abwechseln. Wenn genug Trainer da sind, bleibe ich zu Hause, um andere DAV Sachen zu machen … (lacht). Bisher sind die Kinder selbständig zu den Wettkämpfen gefahren mit ihren Eltern, nun haben wir aber die notwendigen Lizenzen im Trainerteam und in der letzten Beiratssitzung wurde beschlossen, dass der Leistungssport einen Platz in der Sektion haben soll, sodass wir hoffentlich bald offiziell als Wettkampfteam starten können.
DAVON: Das hört sich vielversprechend an! Wie ist da die aktuelle Situation bei den anderen Jugendgruppen?
Lukas: Aktuell haben wir nicht mehr alle Altersgruppen abgedeckt. Es gibt natürlich genug Interesse, wahrscheinlich könnten wir an jedem Wochentag eine Gruppe aufmachen, aber da fehlen uns die Jugendleiter. Die jüngste Gruppe sind gerade die Exen.
DAVON: Und wo sind die jüngeren Kinder?
Lukas: Das ist das Problem, dort ist eine Lücke, die bestehenden Gruppen sind gewachsen, aber wir konnten bisher keine neue Gruppe aufmachen. Aktuell gibt es da die inklusive Gruppe, die auch jüngere Kinder aufnimmt. Die Lücke deckt aktuell nur die neue Wettkampfgruppe, aber das ist für beide Seiten nicht zufriedenstellend. Ich sehe auch den Bedarf an mehr Jugendleitenden in den anderen JDAV-Gruppen, damit etwas Puffer da ist, zum Beispiel in Klausurphasen. Und mir persönlich ist es auch sehr wichtig, dass niemand zwei Gruppen machen muss, damit man die Menschen nicht verbraucht. Es ist wichtig, dass die Leute zuverlässig sind, aber es soll trotzdem kein Zwang sein. Es ist immer noch freiwillig und ein Ehrenamt, was Spaß machen soll. Das habe ich ja selbst erfahren.
DAVON: Wir haben also zu wenig Jugendleiter? Ist das ein aktuelles Problem?
Lukas: Wofür genug? Die Aachener Sektion ist groß, man könnte ständig neue Gruppen aufmachen und die wären voll (lacht). Die Nachfrage ist da, aber ich sehe persönlich, das ist nicht im Ehrenamt alleine leistbar. Für mehr Gruppen müsste es daher aus meiner Sicht mehr hauptamtliche Unterstützung geben. Außerdem bin ich mit neuen Gruppen aufmachen auch vorsichtig, denn wieder zu machen, ist immer blöd. Eine große Herausforderung ist schon, da es viele Leiterwechsel gibt. Die Leute werden fertig mit der Schule oder dem Studium und verlassen die Stadt oder gehen in feste Jobs, wo sich die Prioritäten ändern. Das ist völlig verständlich, macht es aber natürlich für den Verein schwierig. Aus meiner Sicht muss man sich also fragen, was ist das Ziel und das Maß. Hinzukommt, dass die Verwaltung auch immer mehr wird. Das ist die Krux an der Geschichte, wenn es heißt, dass mehr Leitende benötigt werden, braucht es jemanden, der die Verwaltung und Koordination organisiert und sich kümmert, bspw. um die Abrechnungen. Die Organisation gehört eben auch mit dazu und das ist aus meiner Erfahrung teilweise schwierig und fordert viel Selbstverantwortung.
DAVON: Du bist ja eine ziemliche Konstante als Jugendleiter in vielen Bereichen und jetzt auch noch Landesjugendleiter. Warum und was ist dir an dieser Arbeit wichtig?
Lukas: Die JDAV hat eine eigene Struktur, sie verwaltet sich selbst und hat einen eigenen Etat. Das hat mich interessiert, das Thema Finanzierung, es ist immer Verhandlungssache, wie viel die Jugend bekommt. Ich will meine bisherigen Erfahrungen einbringen, Hürden abbauen und bei den Konzepten mitschreiben. Das ist aber eine große Aufgabe und man könnte auf der Landesebene noch so viel mehr machen, aber das geht nicht mehr über das Ehrenamt, dafür ist es zu viel. Ich habe aktiv daran mitgewirkt, eine Minijob-Stelle auf eine Teilzeitstelle mit 15 Stunden pro Woche hochzustufen und es ist eine neue Stelle geplant, die als Minijob beginnt und auf Teilzeit hochgestuft werden soll, da es für eine Stelle auch noch zu viel ist. Trotzdem ist es spannend, man kann die Sektionen vernetzen, kleinere Sektionen unterstützen, auch auf politischer Ebene mitwirken und sich als Sprachrohr, auf Bundesebene, für die JDAV einsetzen.
DAVON: Dann wollen wir nun noch ein bisschen Werbung anschließen. Was gefällt dir besonders in der Sektion Aachen und bei der JDAV?
Lukas: Bei der Jugend ist es schön, dass es immer wieder um Feedback und Selbsteinschätzung geht, vom Jugendreferent bis Gruppenleiter. Dazu ist viel Vertrauen nötig, von den Referenten und natürlich dem Vorstand. Als Jugendleiter macht es der Mix an Leuten aus. Für unsere Wettkampfgruppe braucht es zum Beispiel nicht nur ausschließlich Trainer, die selbst schwer klettern oder eine bestimmte Lizenz besitzen, sondern auch eine pädagogische Ausbildung. Die Kinder sind eh schon unter großem Druck, da ist es total wichtig, ein gutes Gespür für die Kinder zu haben. In meinen Augen ist das Coole an der JDAV, dass man sich „einfach“ einbringen und machen kann. Wie zum Beispiel die Eröffnung der Inklusionsgruppe damals durch die Idee von Katrin Wallraff. Wir haben außerdem sehr viele, die der Sektion Aachen immer noch verbunden sind, wenn sie auch nicht mehr in Aachen wohnen, sind sie trotzdem noch engagiert.
DAVON: So kann sich also eigentlich jeder, mit seinen verschiedenen Fähigkeiten und Interessen und seiner aktuell verfügbaren Zeit, unterschiedlich in der JDAV einbringen, das hört sich doch sehr vielversprechend an. Wollen wir damit zum Abschluss unseres Gesprächs kommen. Du hast das letzte Wort, was wünschst du dir?
Lukas: Das ist eine schwierige Frage … (lacht und überlegt). Ich wünsche mir, dass es weiterhin die JDAV gibt, also weiterhin die Möglichkeit für junge Menschen, das zu machen, was sie gerne möchten und das gemeinsam mit anderen. Außerdem wünsche ich mir, dass die äußeren Anforderungen nicht zu hoch werden, sodass man weiterhin an den Herausforderungen wachsen kann, Platz für Entwicklung ist und genug Raum von allen Seiten dafür gelassen wird.
DAVON: Vielen Dank Lukas für das nette Gespräch und deine Zeit!